ARBEITSZEIT NEU SEIT 01.09.2018

Nachdem die Gesetzesnovelle zum Arbeitszeitgesetz (AZG) und Arbeitsruhegesetz (ARG) mittlerweile im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden ist (BGBl. I Nr. 53/2018), wird es „ernst“. Seit 01.09.2018 gibt es insbesondere folgende fünf interessante Änderungen:

 

     1. Anhebung des Arbeitszeithöchstgrenzen im Arbeitszeitgesetz
     2. Erhöhung des Spielraums bei Gleitzeit
     3. Neue Ausnahme vom Wochenend- und Feiertagsarbeitsverbot (4-mal jährlich)
     4. Erweiterung des vom AZG/ARG ausgenommenen Personenkreises
     5. Verkürzte tägliche Ruhezeit im Hotel- und Gastgewerbe bei geteilten Diensten

 

Die folgenden Hinweise informieren über die wichtigsten Aspekte der Änderungen. Aus Umfanggründen kann es sich naturgemäß um keine in jeder Hinsicht vollständige Darstellung handeln.

 

1. ANHEBUNG DER ARBEITSZEITHÖCHSTGRENZEN IM AZG

 

Die höchstzulässige Arbeitszeit für einzelne Tage und Wochen wurde seit 01.09.2018 auf

  • 12 Stunden täglich (bisher 10) und
  • 60 Stunden wöchentlich (bisher 50)

erhöht. Dadurch soll es ermöglicht werden, vorübergehende Arbeitsspitzen an einzelnen Tagen bzw in einzelnen Wochen besser abdecken zu können, ohne dass der Arbeitgeber mit Strafen rechnen muss. Strafanzeigen drohen daher nun in der Regel erst bei Überschreitung der neuen Grenze von 12 bzw 60 Stunden.

 

Allerdings ist darauf zu achten, dass im 17-Wochen-Schnitt die wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten darf. Eine dauerhafte Ausschöpfung der 60-Stunden-Höchstgrenze wäre daher unzulässig.

 

Arbeitnehmer haben das Recht, Überstunden, die zu einer Arbeitsleistung von mehr als 10 Stunden täglich oder 50 Stunden wöchentlich führen, ohne Angabe von Gründen abzulehnen (Grundsatz der Freiwilligkeit) und die Abgeltung derartiger Überstunden wahlweise in Geld oder Zeitausgleich zu verlangen; zur Ausübung dieses „Vergütungswahlrechts“ kann der Arbeitnehmer die gewünschte Abgeltungsform jeweils vor der monatlichen Gehalts- bzw Lohnabrechnung bekannt geben.

 

ACHTUNG: Die gesetzliche Arbeitszeiterhöhung betrifft nur die Höchstgrenzen der Arbeitszeit, nicht aber die Normalarbeitszeit. Die Normalarbeitszeit beträgt somit wie bisher grundsätzlich 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich (mit den diversen gesetzlichen Abweichungsmöglichkeiten zB durch Arbeitszeitdurchrechnung). Bei der Überstundenentlohnung (50 % Zuschlagspflicht) ändert sich nichts. Überstunden fallen daher unter denselben Bedingungen an wie schon bisher.

 

2. ERHÖHUNG DES SPIELRAUMS BEI GLEITZEIT

 

Für Gleitzeit gibt es seit 01.09.2018 die Möglichkeit, im Betrieb unter bestimmten Voraussetzungen erweiterte Normalarbeitszeitgrenzen bis zu 12 Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich einzuführen. Dazu muss idR die bestehende Gleitzeitvereinbarung mittels Betriebsvereinbarung bzw in Betrieben ohne Betriebsrat mittels schriftlicher Einzelvereinbarung adaptiert werden. Insbesondere ist bei dieser Gleitzeitanpassung erforderlich, dass in der Gleitzeitvereinbarung ausdrücklich die Möglichkeit zum ganztägigen Zeitausgleich verankert wird. Weiters ist auf allfällige Einschränkungen des anwendbaren Kollektivvertrags (zB lediglich 10-stündige Normalarbeitszeitgrenze bei Gleitzeit) zu achten.

 

ACHTUNG: Wenn der Arbeitgeber (zB wegen eines wichtigen Kunden- oder Besprechungstermins am Abend) Arbeitsleistungen anordnet, die über die (fiktive) Normalarbeitszeit hinausgehen (zB über 8 Stunden täglich), sind diese wie bisher als sofortige Überstunden mit Zuschlag zu werten und dürfen daher nicht 1:1 im Gleitzeitsaldo mitgenommen werden.

 

3. NEUE AUSNAHME VOM WOCHENEND- UND FEIERTAGSVERBOT (4-MAL JÄHRLICH)

 

Die Beschäftigung von Arbeitnehmern am Wochenende (ab Samstag 13:00 Uhr) und an Feiertagen ist im Grundsatz verboten, wenn es nicht eine zulässige Ausnahme gemäß ARG, Verordnung oder Kollektivvertrag gibt. Seit 01.09.2018 besteht nun eine neue Ausnahme vom Wochenend- und Feiertagsarbeitsverbot: Für Fälle eines vorübergehenden besonderen Arbeitsbedarfs darf Wochenend- oder Feiertagsarbeit bis zu viermal jährlich pro Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung bzw in Betrieben ohne Betriebsrat durch schriftliche Einzelvereinbarung vereinbart werden. Die Ausnahme gilt für alle Branchen außer für Verkaufstätigkeiten nach dem Öffnungszeitengesetz (Einzelhandel).

 

Die Betriebsvereinbarung bzw schriftliche Einzelvereinbarung muss den auslösenden Anlass umschreiben (zB jährliche Kundenveranstaltung am Ostermontag, quartalsweise Inventurarbeiten oä). Arbeitnehmer in betriebsratslosen Betrieben haben das Recht, die Wochenend- oder Feiertagsarbeit ohne Angabe von Gründen abzulehnen.

 

4. ERWEITERUNG DES VOM AZG/ARG AUSGENOMMENEN PERSONENKREISES

 

Nahe Angehörige und betriebliche Entscheidungsträger fallen seit 01.09.2018 aus dem Anwendungsbereich des AZG und ARG heraus, wenn sie aufgrund der Merkmale der Tätigkeit völlig zeitautonom (freie Bestimmung von Lage UND Dauer der Arbeitszeit) agieren dürfen. Damit entfällt bei diesen Personen die Strafbarkeit des Arbeitgebers im Hinblick auf Höchstarbeitszeitgrenzen, Ruhepausen, tägliche und wöchentliche Ruhezeiten.

 

Arbeitszeitaufzeichnungen werden oftmals dennoch erforderlich bleiben, weil die genannten Personen unverändert vom Anwendungsbereich des fachlich einschlägigen Kollektivvertrags erfasst sind.

 

Die Ausnahme von nahen Angehörigen (Eltern, volljährige Kinder, im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten und eingetragene Partner, seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt lebende Lebensgefährten) kommt nur in Einzelunternehmen in Betracht, nicht hingegen bei Gesellschaften (zB GmbH, KG, OG etc).

 

Die neue Ausnahme von betrieblichen Entscheidungsträgern (das Gesetz spricht von: „Arbeitnehmern mit maßgeblicher selbständiger Entscheidungsbefugnis, deren gesamte Arbeitszeit aufgrund der Merkmale der Tätigkeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird oder vom Arbeitnehmer hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann“), wirft riesige Auslegungsprobleme auf. Der Gesetzgeber wollte damit neben den leitenden Angestellten, die schon bisher vom AZG und ARG ausgenommen waren (zB Führungskräfte der ersten und zweiten Führungsebene), zusätzlich jene Personen herausnehmen, deren Tätigkeit eigenständig, ergebnisorientiert und ohne Arbeitszeitbindung erfolgt. Als Beispiel wird in den Gesetzeserläuterungen die dritte Führungsebene genannt. Aufgrund der sehr schwierigen Abgrenzung und der extrem hohen Rechtsunsicherheit empfehlen wir, diese neue Ausnahmeregelung nur nach Abklärung mit den Arbeitsrechtsexperten Ihres Vertrauens anzuwenden.

 

5. VERKÜRZTE TÄGLICHE RUHEZEIT IM HOTEL- UND GASTGEWERBE BEI GETEILTEN DIENSTEN

 

Im Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe kann seit 01.09.2018 für Arbeitnehmer in Küche und Service bei geteilten Diensten (= Dienste mit mindestens dreistündiger Ruhepause) die tägliche Ruhezeit (normalerweise mindestens 11 Stunden) auf bis zu 8 Stunden verkürzt werden. Diese Regelung gilt für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte. Sie soll helfen, Arbeitsspitzen in der Früh und am Abend besser abdecken zu können. Die Verkürzungen müssen in Saisonbetrieben spätestens im Anschluss an die Saison, in Nichtsaisonbetrieben innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen täglichen Ruhezeit ausgeglichen werden. 

 

Für die Anwendung der neuen gesetzlichen Verkürzungsmöglichkeit ist – anders als bei der bisherigen KV-Regelung – kein Ruhezeitkonto nötig. Wenn bis DV-Ende noch kein Ausgleich der verkürzten Ruhezeit(en) erfolgt ist, gebührt dem Arbeitnehmer eine finanzielle Abgeltung, und zwar in Höhe des Normallohns und der Zuschläge, auf welche der Arbeitnehmer für die während der Ruhezeit(en) geleistete Tätigkeit Anspruch hatte. Der Arbeitgeber hat in den Arbeitszeitaufzeichnungen die Inanspruchnahme der Verkürzungsregelung zu vermerken. Bei Saisonbetrieben sind außerdem der Beginn und das Ende der Saison zu vermerken.

 

Besteht eine Pflicht zur Umsetzung der Gesetzesänderung (und wenn ja, bis wann)?

Die Gesetzesnovelle schafft einige neue Möglichkeiten im Sinne einer höheren Flexibilität. Es liegt natürlich im Ermessen des einzelnen Unternehmens, ob und welche der erweiterten Spielräume genutzt werden sollen. Daher ist die „Umsetzung“ der Gesetzesnovelle im Betrieb kein muss, sondern lediglich ein kann!

 


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