KLEINUNTERNEHMER UND UMSATZSTEUER

Die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer im Umsatzsteuergesetz ist als Erleichterung für Unter­nehmer mit niedrigen Umsätzen gedacht. Doch muss dies nicht immer zu deren Vorteil sein. Der nachfolgende Überblick soll zeigen, was man als Kleinunternehmer beachten sollte und in welche Fallen man tappen kann.
 

Grundsätzlich unterliegt jeder Unternehmer mit seinen Warenlieferungen und Dienstleistungen der Umsatzsteuer. Allerdings sieht der Gesetzgeber für bestimmte Umsätze Steuerbefreiungen vor, wo­­bei sogenannte „echte“ und „unechte“ Steuerbefreiungen zu unterschieden sind. Während die „echte“ Steuerbefreiung (zB Exportlieferungen) keine Auswirkung auf den Vorsteuerabzug hat, zieht eine „unechte“ Steuerbefreiung (zB ärztliche Leistungen) die Versagung des Vorsteuerabzu­ges nach sich. Bei der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer handelt es sich um eine derartige „unechte“ Befreiung. Da auf diese Befreiung auch verzichtet werden kann, sollten vor allem Jung­unternehmer schon bei Beginn ihrer Tätigkeit die umsatzsteuerliche Behandlung ihres Unter­nehmens überdenken.

 

Wer ist Kleinunternehmer?
Nach der Definition des Umsatzsteuergesetzes ist Kleinunternehmer, wer mit seinem Unternehmen die Umsatzgrenze von EUR 30.000,00 pro Jahr nicht überschreitet. Da diese Grenze als Netto­wert zu verstehen ist, darf zur Ermittlung des Grenzbetrages vom tatsächlichen Jahresumsatz die – fiktive – Umsatzteuer herausgerechnet werden. Erbringt ein Unternehmer daher Umsätze, die
– ohne Steuer­befreiung – dem Normalsteuersatz von 20 % unterliegen würden, so ist er bis zu einem Jahres­um­satz von EUR 36.000,00 (= EUR 30.000,00 netto plus 20 % Umsatzsteuer) als Kleinunter­nehmer anzusehen.
 

Die Kleinunternehmereigenschaft muss nicht beantragt werden. Wer mit seinem Jahresumsatz unter der Grenze bleibt, ist automatisch Kleinunternehmer. Dies hat zur Folge, dass er für seine Umsätze keine Umsatzsteuer abführen muss (es sei denn, er hat welche in Rechnung gestellt). Auf der an­deren Seite steht ihm aber für die eingekauften Vorleistungen auch kein Vorsteuerabzug zu.

 

Was geschieht bei Überschreiten der Umsatzgrenze?
Ebenso fällt bei Überschreiten der Umsatzgrenze die Befreiung automatisch weg, und zwar rück­wirkend ab Jahresbeginn. Trifft dies den Unternehmer unvorbereitet, kann ihn das sehr teuer kom­men. Er muss dann nämlich alle bisherigen Umsätze, die er steuerfrei behandelt hat, nachver­steuern. Zwar können natürlich im Gegenzug auch Vorsteuern geltend gemacht werden, aber die Umsatzsteuerbeträge werden in der Regel überwiegen.

 

Dagegen helfen nur eine gute Umsatzplanung im Voraus sowie entsprechende Vereinbarungen mit den Kunden, soweit dies möglich ist. Wer schon zu Jahresbeginn mit einem Umsatz nahe an der EUR 30.000,00-Grenze rechnet, sollte besser gleich von Beginn an auf die Steuerbefreiung ver­zichten (Regelbesteuerungsoption) und für seine Leistungen Umsatzsteuer verrechnen. Eine weitere Vorgehensweise besteht darin, dass man zwar zunächst Kleinunternehmer bleibt, aber mit seinen Kunden die Möglichkeit einer Nachverrechnung von Umsatzsteuer im Falle des Überschreitens der Umsatz­grenze vereinbart. Im Geschäft mit Endverbrauchern wird dies natürlich nur schwer bis gar nicht mög­lich sein.

 

Regelbesteuerungsoption und Widerruf
Jedem Unternehmer steht es frei, auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer zu verzichten und umsatzsteuerlich wie ein „normaler“ Unternehmer behandelt zu werden. Dazu ist es erforder­lich, dem Finanzamt gegenüber eine schriftliche Verzichtserklärung abzugeben. Diese Erklärung gilt dann – allenfalls rückwirkend – für das gesamte Jahr und bindet den Unternehmer für mindestens fünf Kalenderjahre. Auf diese Art ist es ausgeschlossen, jährlich zwischen Befreiung und Regelbe­steuerung zu wechseln. Die Ausübung der Option sollte man sich daher gut überlegen, da ein offen­­­sichtlicher Vorteil im ersten Jahr und in den Folgejahren unter Umständen teuer kommen kann.

 

Ein derartiger Regelbesteuerungsantrag kann bis zur Rechtskraft des Umsatzsteuerbescheides des entsprechenden Jahres gestellt werden. Man hat also relativ lange Zeit, sich das zu überlegen, nicht so beim Widerruf. Zum einen entfaltet der Widerruf frühestens nach Ablauf von fünf Jahren Wirk­ung, zum anderen muss er spätestens bis Ende Jänner des Jahres erklärt werden, für das er wirken soll. Wer also bereits fünf Jahre regelbesteuert war und ab 2017 wieder Kleinunternehmer sein möchte, muss dies bis Ende Jänner 2017 seinem Finanzamt mitteilen. Sonst kann ein Widerruf erst wieder für ein Jahr später erklärt werden.

 

Wo liegen die Vorteile der Steuerbefreiung?
Den größten Vorteil aus der Kleinunternehmerbefreiung werden Unternehmer lukrieren können, die Dienstleistungen vorwiegend an Konsumenten oder solche Unternehmer erbringen, die nicht oder nur sehr eingeschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. In diesen Fällen wird es den Kunden nämlich gleichgültig sein, ob im Preis Umsatzsteuer enthalten ist oder nicht. Nur der End­preis wird solche Kunden interessieren. Somit können Kleinunternehmer in diesen Fällen billiger anbieten als ihre umsatzsteuerpflichtige Konkurrenz oder bei gleichen Preisen ihren Gewinn erhöhen. Natürlich wird dies nur dort funktionieren, wo nicht Waren oder Dienstleistungen in hohem Ausmaß zuge­kauft werden. Der fehlende Vorsteuerabzug würde diese Leistungen nämlich deutlich verteuern.

 

Daneben gibt es aber natürlich auch administrative Vorteile für Kleinunternehmer. Wer keine Um­satz­steuer abführen muss, kann bei deren Berechnung auch keine Fehler machen. Das Risiko für Haftungen und Steuernachzahlungen ist geringer. Auch ist ein Kleinunternehmer nicht verpflichtet, monatlich oder quartalsweise Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen und einzureichen. Ebenso ist er von der Verpflichtung befreit, Umsatzsteuerjahreserklärungen abzugeben.

 

Was sind die Nachteile?
Der größte Nachteil der Kleinunternehmerbefreiung ist zweifellos der fehlende Vorsteuerabzug. Egal ob der Zukauf von Waren oder Dienstleistungen, Investitionen oder einfach nur die Miete des Ge­schäftslokals, alles verteuert sich um die Vorsteuer, die beim Kleinunternehmer zum Kostenfaktor wird. Vor allem, wenn bei Eröffnung eines Betriebes hohe Investitionen anstehen, könnte der fehl­ende Vorsteuerabzug die Vorteile aus der Steuerbefreiung zunichtemachen. Allerdings sollte man ja – wie bereits erwähnt – nicht nur das erste Jahr betrachten, da man ja bei Verzicht auf die Befreiung für fünf Jahre gebunden ist.

 

Ein weiterer Nachteil ergibt sich aus dem Erfordernis, die Höhe der Umsätze laufend im Auge zu be­halten und nach Möglichkeit ein Jahr im Voraus zu planen. Eine unerwartete Überschreitung der EUR 30.000,00-Grenze kann schließlich teuer kommen. Allerdings hat der Gesetzgeber hier eine kleine Toleranzgrenze eingebaut:
Wird die Umsatzgrenze einmal in fünf Jahren um nicht mehr als 15 % überschritten, geht die Steuerbefreiung nicht verloren.

 

Abschließend sei noch angemerkt, dass der Grenzbetrag von EUR 30.000,00 seit 01.01.2007 gilt und auch im Zuge der „größten Steuerreform aller Zeiten“ im vergangenen Jahr nicht angepasst wurde. Der Verbraucherpreisindex ist im selben Zeitraum um rund 17 % gestiegen.

 


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