GRUNDANTEILVERORDNUNG 2016

Hinter dieser sperrigen Bezeichnung verbirgt sich eine Erleichterung der mit der letzten Steuer­reform eingeführten Verschlechterung der Abschreibungsmöglichkeit von Liegen­schaften.

 

Die Besteuerung von Liegenschaften musste ja bekanntlich als Teil der Gegenfinanzierung der letzten Steuerreform herhalten, weshalb es in diesem Bereich zu zahlreichen Änderungen – sprich: Steuererhöhungen – gekommen ist. Eine davon betraf die Bemessungsgrundlage für die Ab­schreib­ung von Gebäuden im Bereich der Vermietung und Verpachtung.

 

Mit der Möglichkeit, die Anschaffungs- bzw Herstellungskosten von Gebäuden im Wege der Ab­setzung für Abnutzung steuerlich geltend zu machen, wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Gebäude durch deren Benutzung im Laufe der Jahre einem Wertverzehr unterliegen. Dieser soll sich auch in einer Steuerersparnis niederschlagen. Allerdings gilt dieses Prinzip nur für das Gebäude selbst, nicht aber für Grund und Boden, der ja im Regelfall nicht an Wert verliert. Wird nun eine Liegenschaft samt Gebäude erworben, steht man vor der Aufgabe, den – nicht abschreib­baren – Grundwert und den – abschreibbaren – Gebäudewert richtig zu bestimmen.

 

Bis zum Jahr 2015 gab es für solche Fälle zwar keine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, aller­dings wurde von der Finanzverwaltung eine pauschale Aufteilung in 20 % Grund– und 80 % Gebäudeanteil akzeptiert, sofern im Einzelfall keine Anhaltspunkte vorlagen, dass diese Schätzung nicht sachgerecht war.

 

Seit Anfang 2016 wurde diese Verwaltungspraxis durch eine gesetzliche Regelung ersetzt. Nunmehr sind von den Anschaffungskosten 40 % als Anteil für Grund und Boden aus­zuscheiden, sofern nicht ein anderes Aufteilungsverhältnis (mittels Gutachten) nachgewiesen werden kann. Zusätzlich wurde der Finanzminister ermächtigt, bei Vorliegen bestimmter Kriterien abweichende Pauschalsätze mit Verordnung festzulegen.

 

Diese Verordnung wurde nun mit 03.05.2016 kundgemacht. Sie sieht zwei weitere Pauschalsätze für den Anteil von Grund- und Boden vor: 20 % und 30 %. Als Kriterien wurden

  • die Einwohner­zahl der betroffenen Gemeinde,
  • der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Bauland sowie
  • die Anzahl der Wohn- bzw Geschäftseinheiten im Gebäude

festgelegt.

 

Demnach können in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern pauschal 20 % für Grund und Boden ausgeschieden werden, wenn der durchschnittliche Quadratmeterpreis für voll aufge­schlossene, aber unbebaute Baugrundstücke in dieser Gemeinde weniger als EUR 400,00 beträgt. Derzeit haben in Österreich nur Wien, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck mehr als 100.000 Ein­wohner. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis muss mit Hilfe geeigneter Immobilienpreisspiegel glaubhaft gemacht werden.

 

Liegt in derartigen Gemeinden der Quadratmeterpreis jedoch über EUR 400,00, so sind auch dort grundsätzlich 40 % anzusetzen. Ausnahme: Das betroffene Gebäude umfasst mehr als 10 Wohn- bzw Geschäftseinheiten. Dann kann ein Pauschalsatz von 30 % angewendet werden.

 

In Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern kann bei Gebäuden mit mehr als 10 Wohn- bzw Geschäftseinheiten ebenfalls ein Pauschalsatz von 30 % zur Anwendung kommen.

 

Übersicht pauschaler Grundanteil (in % der Gesamtanschaffungskosten)

 

Gemeinde <100.000 EW
∅ m² Preis < EUR 400,00

Gemeinde <100.000 EW
∅ m² Preis > EUR 400,00

Gemeinde 
>100.000 EW 

 bis zu
 10 Einheiten
 20 %  40 %  40 %
 über
 10 Einheiten
 20 %  30 %  30 %

 

Eine Anwendung der Pauschalsätze aus dieser Verordnung scheidet jedoch dann aus, wenn die Pauschalsätze von den tatsächlichen Verhältnissen erheblich abweichen. Das soll dann der Fall sein, wenn der tatsächliche Wert von Grund und Boden um mehr als 50 % vom Pauschalansatz ab­weicht.

 

Leider gilt die hier dargestellte Neuregelung nicht nur für ab dem Jahr 2016 angeschaffte Liegen­schaften, sondern auch für Altgrundstücke, sofern die Aufteilung von Grund- und Gebäudeanteil nach der bisherigen Pauschalregelung 80/20 erfolgte. In diesen Fällen sind Abschreibung und Restbuchwert des Gebäudes ab 2016 neu zu ermitteln. Wer die Abschreibung in der Vergangen­­heit jedoch nach den tatsächlichen Verhältnissen oder entsprechend einem Gutachten vorgenom­men hat, ist von dieser Änderung nicht betroffen. Das gilt auch für jene Fälle, in denen die Finanz­ver­waltung (zB im Rahmen einer Betriebsprüfung) eine von der Pauschalregelung abweichende Auf­teilung von Grund- und Gebäudeanteil vorgenommen hat. An diese Feststellung ist das Finanzamt nämlich auch in Zukunft gebunden.

 


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