eccontis INFORMIERT

Auf dieser Seite finden Sie aktuelle Entwicklungen, Gesetzesänderungen und praktische Tipps rund um das Thema Steuern. Unser Ziel ist es, Ihnen relevante Informationen verständlich und kompakt bereitzustellen, damit Sie bestens vorbereitet sind.

ERHÖHUNG DER GERICHTSGEBÜHREN

Die Gerichtsgebühren wurden zuletzt im Jahr 2021 valorisiert. Mit 01.01.2025 (BGBl II 51/2025 vom 26.02.2025) wurden die Gerichtsgebühren wieder wesentlich angehoben.

Die Erhöhung der Gerichtsgebühren beträgt für die meisten Gebühren 23 %. Aber nicht nur Personen, die sich in einem Gerichtsverfahren befinden, sind von diesen Erhöhungen betroffen, sondern jeder, der sich auch abseits von Gerichtsverfahren einer Gerichtsauskunft bedient (zB Firmenbuch-/Grundbuchabfragen). Nicht davon betroffen sind jene Gebühren, die einen Prozentsatz einer bestimmten Bemessungsgrundlage ausmachen.

Konsequent dazu wurde auch die Einkommensgrenze, bis zu jener man von Gerichtsgebühren befreit ist, von EUR 14.834,00 auf EUR 18.251,00 angehoben. Nichtsdestotrotz wird das Streiten vor Gericht und alle sonstigen Gerichtsanfragen künftig spürbar teurer.

Neuauflage der Gebührenrichtlinie

Seit 2007 gibt es die Gebührenrichtlinien zum Gebührengesetz. Nach deren Verlautbarung wurden diese Richtlinien im Jahr 2019 angepasst. Seit dem Jahr 2019 sind zahlreiche Gesetzesänderungen, welche zu einer Modernisierung des Gebührengesetzes und der Einführung von neuen Pauschalgebühren geführt haben, in Kraft getreten. Aus diesem Grund wurden die Gebührenrichtlinien grundlegend überarbeitet und neu verlautbart. Die neuen Gebührenrichtlinien („GebR 2025“) sind ab dem 01.04.2025 anzuwenden und ersetzen die Richtlinien aus dem Jahr 2019.

Bei abgabenbehördlichen Prüfungen für vergangene Zeiträume und auf Sachverhalte, bei denen die Gebührenschuld vor dem 31.03.2025 entstanden ist, sind noch die alten Richtlinien anzuwenden, soweit nicht für diese Zeiträume andere Bestimmungen in Gesetzen, Verordnungen oder günstigere Regelungen in den GebR 2025 bzw in anderen Erlässen Gültigkeit hatten. Eine geänderte Rechtsansicht stellt keinen Wiederaufnahmegrund gemäß§ 303 BAO dar. Wie bei allen veröffentlichten Richtlinien der Finanzverwaltung können diese jedoch keine über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden Rechte oder Pflichten begründen. Sie haben daher keinen Gesetzescharakter und sind auch nicht bindend für Gerichte.

E-PKW UND VERSICHERUNGSSTEUER

Fahrzeuge mit Elektroantrieb (= CO2- Emissionswert von 0 g/km) waren bislang von der motorbezogenen Versicherungssteuer befreit. Diese Befreiung wird nun derart eingeschränkt, dass nur noch Kleinkrafträder mit Elektroantrieb bis zu 4 kW umfasst sind.

Die motorbezogene Versicherungssteuer wird beim Verbrennungsmotor aus einer Kombination von Hubraum, kW und CO2-Emissionswert berechnet. Da Elektromotoren einen CO2-Emissionswert von Null und auch keinen Hubraum haben, wurde für Kfz mit reinem Elektromotor eine neue Berechnungsmethodik festgelegt.

Bei Krafträdern mit rein elektrischem Antrieb von mehr als 4 kW wird die Versicherungssteuer mit EUR 0,50 je Kilowatt (lt Zulassungsschein) der um 5 Kilowatt verringerten Leistung, mindestens jedoch 4 kW pro Monat angesetzt.

Bei Pkw mit höchstzulässigem Gesamtgewicht bis zu 3,5 Tonnen wird die Versicherungssteuer mit EUR 0,25 bis EUR 0,45 je Kilowatt (lt Zulassungsschein) der um 45 Kilowatt verringerten Dauerleistung, mindestens jedoch 0 kW pro Monat angesetzt. Zusätzlich dazu werden EUR 0,015 bis EUR 0,045 je Kilogramm Eigengewicht des um 900 Kilogramm verringerten Eigengewichts, mindestens jedoch 200 Kilogramm angesetzt.

In der nachstehenden Tabelle sind die exakten Werte für die Berechnung der Versicherungssteuer ersichtlich:

Berechnungsbeispiel

Pkw: Tesla Model 3, BJ/EZ 2020, Dauerleistung laut Zulassung: 88 kW, Eigengewicht: 1.645 kg

Der Steuersatz für extern aufladbare Hybridelektroantriebe (Plug-In-Hybride) wurde ebenfalls angepasst.

Die neuen Berechnungsmodelle traten mit 01.04.2025 in Kraft und gelten für Versicherungszeiträume nach dem Inkrafttreten. Wurden zB Versicherungsentgelte bereits zu Jahresbeginn für das gesamte Kalenderjahr vorausbezahlt, so wird der Versicherer die motorbezogene Versicherungssteuer für Versicherungszeiträume nach dem 31.03.2025 nachverrechnen, da diese mit 15.11.2025 für den Versicherer fällig wird.

Die Einbeziehung der mit reinem Elektromotor betriebenen Kfz und Hybridfahrzeuge in die motorbezogene Versicherungssteuer gilt auch für bereits zum Verkehr zugelassene E-Fahrzeuge.

NEUER ÖNACE-CODE 2025

Die ÖNACE ist eine für Österreich gültige Zuordnung von Unternehmenstätigkeiten zu bestimmten Wirtschaftszweigen.

Diese wurde überarbeitet, da in den letzten 15 Jahren neue Tätigkeiten und Produkte entstanden sind. Seit 01.01.2025 gelten nun die neuen Klassifikationen gemäß ÖNACE 2025. Unternehmen erhalten in der ersten Hälfte des Jahres 2025 von der Statistik Austria über das Unternehmerserviceportal (USP) einen ÖNACE-Code mit der Zuordnung zur neuen Klassifikation gemäß ÖNACE 2025. Bei Übereinstimmung mit dem bisherigen Unternehmensschwerpunkt ist diese zu bestätigen. Andernfalls ist bei der Statistik Austria mittels beiliegendem Formular eine Änderung zu beantragen.

Die Klassifikationsmitteilung ist zu den Geschäftsunterlagen zu nehmen. Benötigt wird der ÖNACE-Code für die Einkommensteuererklärung, das Bundesvergabegesetz und diverse andere Förderungen.

VORSTEUERRÜCKERSTATTUNG FÜR 2019

Wie jedes Jahr dürfen wir auf die geltenden Fristen im Zusammenhang mit Vorsteuerrückerstattungen im Ausland hinweisen. Wenn Sie als Unternehmer Rechnungen aus in anderen Staaten in Anspruch genommenen Leist­ungen (zB Nächtigungskosten, Geschäftsessen) erhalten, so können Sie die darin ent­haltenen Um­satz­steuerbeträge im Vorsteuerrückerstattungsverfahren von den ausländischen Steuerbehörden zurückfordern.

 

Für die Einreichung von Vorsteuerrückerstattungsanträgen sind zwei Fristen unbedingt zu be­achten: 

  • der 30.06.2020 gegenüber Drittstaaten und
  • der 30.09.2020 gegenüber EU-Mitgliedstaaten.

Der unterschiedliche Verfahrensablauf stellt sich wie folgt dar.

 

1. RÜCKERSTATTUNG VON VORSTEUERN IN DRITTSTAATEN (ZB SCHWEIZ) 

  • Der Vergütungsantrag sowie sämtliche Dokumente und Belege müssen bis spätestens 30.06. im Original bei der ausländischen Vergütungsbehörde eingegangen sein.
  • Der 30.06.2020 ist eine Fallfrist, die nicht verlängert werden kann. Wenn die Unterlagen bis zu diesem Datum nicht bei der ausländischen Steuerbehörde vorliegen, ist der Anspruch auf Vor­steuerrückerstattung verwirkt!
  • Die für die Rückerstattung notwendigen Formulare sind über die Internetseite der jeweiligen aus­ländischen Steuerbehörde abrufbar.

2. RÜCKERSTATTUNG VON VORSTEUERN IM EU-AUSLAND 

  • Anträge für sämtliche EU-Länder sind seit einigen Jahren zwingend elektronisch über das öster­reichische FinanzOnline-Portal einzubringen.
  • Für jedes EU-Land ist dabei ein eigener Antrag erforderlich.
  • Grundsätzlich ist keine Vorlage von Originalbelegen nötig. Der Erstattungsmitgliedstaat kann je­doch bei Rechnungen über EUR 1.000,00 bzw Kraft­stoffrechnungen über EUR 250,00 die Vorlage einer Rechnungskopie (elektronisch) verlangen. Bei Rückerstattungen in Deutschland sind die Rechnungen bei Überschreiten dieser Grenzen jedenfalls mitzusenden.
  • Ein Antrag muss mindestens 3 Monate umfassen und den Mindesterstattungsbetrag von EUR 400,00 erreichen. Wird der Antrag für das ganze Kalenderjahr oder den offenen Rest eines Kalenderjahres (im letzten Fall besteht keine Mindestdauer) gestellt, gelten als Mindesterstat­tungs­betrag EUR 50,00.
  • Der Antrag für Rechnungen aus dem Kalenderjahr 2019 muss spätestens bis zum 30.09.2020 beim Finanzamt eingelangt sein, wobei dieser nur dann als vorgelegt gilt, wenn alle erforder­lichen Angaben gemacht werden.
  • Bei der technischen Übermittlung über FinanzOnline erfolgt zuerst eine „Produktionsübermittlung“ und in der Folge die Übermittlung des „Abschlussfiles“. Wenn der „Abschlussfile“ übermittelt wurde, erhält man zuerst vom österreichischem Finanzamt und in der Folge vom ausländischen Finanzamt eine Empfangsbestätigung. Nur wenn beide Empfangsbestätigungen eingelangt sind, wurde der Antrag ordnungsgemäß übermittelt. Achten sie daher darauf, dass Sie die Empfangsbestätigung rechtzeitig vor dem 30.09. eines Jahres erhalten.


Tipp

Prüfen Sie, bevor ein Vergütungsantrag gestellt wird, ob auch die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Wenn zB für eine zugekaufte Leistung die Steuerschuld in Deutschland zu übernehmen ist (Reverse Charge gemäß § 13b dUStG), dann sind für diesen Zeitraum Vorsteuerbeträge nicht im Vergütungsverfahren, sondern im Veranlagungsverfahren zu beantragen. In diesem Fall müssen Sie sich im Ausland steuerlich registrieren und eine „normale“ Umsatzsteuerjahreserklärung ab­geben.

 

  

VORSTEUERKORREKTUR BEI IMMOBILIENVERKÄUFEN

Sollten Sie beim Kauf von Gebäuden oder im Rahmen von Gebäude-Großreparaturen Vorsteuern geltend gemacht haben, sind die Vorsteuerbeträge entsprechend zu korrigieren, wenn sich die unternehmerische Nutzung des Gebäudes ändert.

 

Zum Vorsteuerabzug sind Unternehmer im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit berechtigt. Erfolgt innerhalb einer vom Umsatzsteuergesetz vorgegebenen Frist eine Änderung der Verhältnisse bezüglich der unternehmerischen Verwendung eines Vermögensgegenstandes (zB Schenkung des Betriebsgrundstückes an ein Familienmitglied und damit eine künftige Verwendung für den nicht unternehmerischen Bereich), so hat eine Korrektur der ursprünglich geltend gemachten Vorsteuer stattzufinden. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes (BFG) hat dabei eine tageweise Aliquotierung der Vorsteuerkorrektur zu erfolgen. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges ist notwendig, wenn sich die Verhältnisse ändern, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebend waren.

 

Beispiel

Der Unternehmer vermietet das selbst errichtete Gebäude in den ersten Jahren zu Wohnzwecken gegen Entgelt (umsatzsteuerpflichtig), daher darf er aus der Errichtung des Gebäudes Vorsteuer geltend machen. Verschenkt der Unternehmer das Gebäude einige Jahre später (Entnahme ohne Umsatzsteuer), hat sich die unternehmerische Verwendung des Gebäudes geändert und die geltend gemachte Vorsteuer ist anteilig zurückzuzahlen (Vorsteuerkorrektur). Dadurch sollen sowohl ungerechtfertigte Steuervorteile als auch steuerliche Nachteile, die sich durch eine nachträgliche Änderung des Verwendungszwecks für den Unternehmer ergeben könnten, vermieden werden.

 

Der Berichtigungszeitraum beträgt gegenwärtig 4 Jahre bei beweglichen Gegenständen bzw 19 Jahre bei Grundstücken (einschließlich Gebäuden) und beginnt mit dem auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden Kalenderjahr.

 

Vorsteuerkorrektur für gesamtes Jahr oder für zwei Tage?

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hatte kürzlich bei einem Unternehmer, der unter anderem im Jahr 2005 aus der Errichtung eines zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen verwendeten Wohnhauses Vorsteuern geltend gemacht und dieses Wohnhaus am 29.12.2014 an seine Mutter geschenkt hat, zu beurteilen, ob die Vorsteuerkorrektur für das gesamte Jahr 2014 oder nur für die zwei Tage (30. und 31.12.2014) durchzuführen ist. Das BFG führte hierzu aus:

 

Im vorliegenden Fall würde eine Vorsteuerkorrektur im Ausmaß von einem vollen Zehntel (im gegenständlichen Fall hat der Berichtigungszeitpunkt noch 9 Jahre und nicht 19 Jahre betragen) zu einem systemwidrigen Effekt führen, da das Gebäude im Jahr 2014 vom 01.01. bis 29.12 zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze und lediglich zwei Tage zur Ausübung steuerfreier Umsätze verwendet wurde. Angewendet auf den vorliegenden Streitfall bedeutet dies, dass die im Jahr 2005 geltend gemachten Vorsteuern nicht im Ausmaß von einem vollen Zehntel zu berichtigen sind, sondern hiervon lediglich zwei Dreihundertfünfundsechzigstel.

 

Sollten Sie beim Kauf von Gebäuden oder im Rahmen von Gebäude-Großreparaturen Vorsteuern geltend gemacht haben und ändert sich die unternehmerische Nutzung des Gebäudes, so sind die Vorsteuerbeträge entsprechend zu korrigieren. Da dies oftmals komplizierte Berechnungen erfordert, empfehlen wir eine frühzeitige Beratung.

 

NEUE FINANZAMTS-ORGANISATION AB 2020

Sowohl im Bereich der Finanzverwaltung als auch im Bereich der Sozialversicherung wurden völlig neue Organisationsstrukturen beschlossen, die 2020 in Kraft treten. Für den einzelnen Steuerpflichtigen sollen sich dadurch Verbesserungen im alltäglichen Behördenkontakt ergeben und die Verfahren beschleunigt werden.

 

Finanzverwaltung

Derzeit gibt es in Österreich 40 Finanzämter und 9 Zollämter sowie besondere Organisationseinheiten wie Steuer- und Zollkoordination, Großbetriebsprüfung, Finanzpolizei und Steuerfahndung. Ab 01.07.2020 wird diese Struktur völlig neu aufgestellt.

 

Durch die Novellierung besteht die Bundesfinanzverwaltung dann aus:

  • den Abgabenbehörden des Bundes, nämlich
    • dem Bundesminister für Finanzen,
    • dem Finanzamt Österreich,
    • dem Finanzamt für Großbetriebe und
    • dem Zollamt Österreich,
  • dem Amt für Betrugsbekämpfung und
  • dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge

Finanzamt Österreich

Das Finanzamt Österreich hat eine umfassende Zuständigkeit für alle Aufgaben, die nicht einer anderen Abgabenbehörde übertragen sind. Das betrifft alle mit der Erhebung von Abgaben (zB ESt, USt, KöSt, aber auch Gebühren und Verkehrssteuern, Einheitsbewertung) zusammenhängenden Aufgaben. Die Organisationseinheiten der bisherigen Finanzämter werden künftig als Dienststellen des Finanzamtes Österreich fungieren. Da die örtliche Zuständigkeit aufgrund des einheitlichen Finanzamtes Österreich wegfällt, können zukünftig Anträge oder Steuererklärungen bei jeder beliebigen Dienststelle eingereicht werden.

 

Für große Unternehmen (Umsatzschwelle von 10 Mio EUR, Banken/Versicherungen, Privatstiftungen, etc) ist künftig das neue Finanzamt für Großbetriebe zuständig. Das Amt für Betrugsbekämpfung wird österreichweit für das gesamte Bundesgebiet tätig werden und umfasst die Geschäftsbereiche Finanzstrafsachen, Finanzpolizei, Steuerfahndung und Zentralstelle Internationale Zusammenarbeit.

 

Sozialversicherung

In der Sozialversicherung wirkt sich bereits ab 01.01.2020 eine Änderung in der Organisation aus: die neue Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) ist die Krankenversicherung für alle Personen, die bisher bei einer der neun Gebietskrankenkassen versichert waren. Darüber hinaus sind zukünftig auch die Versicherten der bisherigen Betriebskrankenkassen (mit Ausnahme der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe) bei der ÖGK versichert.

 

Die Umstellung erfolgt automatisch und gilt auch für mitversicherte Angehörige. Die Versicherten können wie gewohnt mit ihrer e-card zu ihrem Vertragsarzt gehen. Für Dienstgeber werden künftig österreichweit einheitliche Standards geschaffen, damit Dienstgeber alle wesentlichen Informationen aus einer Hand erhalten. Zu diesem Zweck wird etwa für bundeslandübergreifende Dienstgeber ein Single Point of Contact (SPOC) als Ansprechstelle eingerichtet.

 

DIE ÄRZTE-GMBH

Mit der 14. Ärztegesetz-Novelle im Jahr 2010 wurde für Ärzte die rechtliche Grundlage für die Errichtung einer Gruppenpraxis in der Rechtsform einer GmbH geschaffen (im Folgenden "Ärzte-GmbH"). Die folgenden Ausführungen zeigen überblicksartig die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der Gründung einer Ärzte-GmbH, aber auch in weiterer Folge zu beachten sind.

 

1. ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

 

Die Schaffung einer Ärzte-GmbH wurde bereits seit Längerem diskutiert und war Gegenstand langwieriger Verhandlungen, in denen die Abgrenzung zu den selbständigen Ambulatorien ein wesentlicher Aspekt war. Die Schaffung der Ärzte-GmbH wurde insbesondere von der Ärztekammer propagiert. Weitere Dynamik erlangte die Diskussion durch eine Entscheidung des EuGH. Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit zur Anpassung der österreichischen Rechtslage wurde die Rechtsform der GmbH für Gruppenpraxen eingeführt.

 

2. ANWENDUNGSBEREICH DER ÄRZTE-GMBH

 

Mit der Ärzte-GmbH soll die Möglichkeit geschaffen werden, sowohl fachgleich als auch fächerübergreifend gemeinsam ärztliche Leistungen zu erbringen. Dies kann (und soll) zu neuen Formen ambulanter Versorgung in größeren Einheiten bzw Strukturen führen. Der Gesetzgeber stand dabei vor der Aufgabe, die Ärzte-GmbH von selbständigen Ambulatorien abzugrenzen. Neben kompetenzrechtlichen Gründen spielen Kammerzugehörigkeit sowie Unterschiede in den Zulassungsverfahren eine praktisch wichtige Rolle, zumal Ärzte-GmbHs und selbständige Ambulatorien aufgrund des überschneidenden Tätigkeitsfeldes und (nunmehr) -umfangs auch wirtschaftlich in Konkurrenz stehen können. Das Ärztegesetz normiert, dass eine Gruppenpraxis keine Organisationsdichte und -struktur einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums aufweisen darf.

 

3. ZULASSUNGSVERFAHREN

 

Das Ärztegesetz normiert für Gruppenpraxen ein öffentlich-rechtliches Zulassungsverfahren durch den Landeshauptmann, im Zuge dessen eine Bedarfsprüfung durchzuführen ist. Davon bestehen weitreichende Ausnahmen, insbesondere wenn jeder Gesellschafter bereits einen Einzelvertrag mit dem zuständigen Sozialversicherungsträger hat oder die zu gründende Gruppenpraxis bereits im Stellenplan vorgesehen ist. Eine Zulassung ist ferner dann nicht erforderlich, wenn ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden.

 

4. RECHTSFORM UND FIRMA

 

Die Zusammenarbeit von Ärzten kann als selbständig berufsbefugte Gruppenpraxis in der Rechtsform einer offenen Gesellschaft (OG) oder GmbH erfolgen. Ärzte können in den Genuss der mit der Rechtsform der GmbH verbundenen Beschränkung der persönlichen Haftung kommen. Die Firma (Bezeichnung) der Ärzte-GmbH muss jedenfalls den Namen eines Gesellschafters und die in der Gruppenpraxis vertretenen Fachrichtungen enthalten.

 

5. AUSGEWÄHLTE SONDERGESELLSCHAFTSRECHTLICHE VORSCHRIFTEN DES ÄRZTEG


5.1. Unzulässigkeit der Ein-Personen-GmbH

 

Ärzte-GmbHs müssen mindestens zwei Gesellschafter haben. Dies folgt aus der Absicht des Gesetzgebers, die Ärzte-GmbH nicht schlechthin für die selbständige ärztliche Betätigung (etwa eines einzelnen Arztes) zu eröffnen, sondern die Rechtsform der GmbH spezifisch zur Gründung von Gruppenpraxen zur Verfügung zu stellen. Eine Ein-Personen-Gründung ist daher nicht möglich. In weiterer Folge wäre auch die Übertragung von Geschäftsanteilen auf einen verbleibenden Gesellschafter unzulässig.

 

5.2. Zulässiger Gesellschafterkreis

 

Der Gruppenpraxis dürfen als Gesellschafter nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte angehören. Familienangehörige oder Investoren sind nicht als Gesellschafter zugelassen.

 

5.3. Persönliche Berufsausübung

 

Das Ärztegesetz verpflichtet jeden Gesellschafter zur persönlichen Berufsausübung in der Ärzte-GmbH. Demnach scheidet auch eine reine Kapitalbeteiligung im Sinn eines bloßen Investments eines berufsberechtigten Arztes (der an sich Gesellschafter sein kann) aus. Jeder Gesellschafter muss den Schwerpunkt seiner ärztlichen Berufsausübung in der Gruppenpraxis entfalten. Die Berufsausübung der Gesellschafter darf nicht an eine Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter gebunden werden.

 

5.4. Anstellung von Ärzten

 

Seit Anfang 2019 ist die Anstellung von Ärzten im Rahmen eines echten Dienstverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Regelung sieht vor, dass in Gruppenpraxen (unabhängig von der Anzahl der Gesellschafter) Ärzte im Umfang von zwei Vollzeitäquivalenten angestellt werden dürfen, wobei ein Vollzeitäquivalent zur Anstellung von höchstens zwei Ärzten berechtigt. Das bedeutet, dass eine Gruppenpraxis maximal vier Ärzte im Umfang von 80 Stunden pro Woche anstellen darf. Die Anstellung darf nur im Fachgebiet des Gesellschafters der Gruppenpraxis erfolgen.

 

5.5. Geschäftsführer

 

Im Gesellschaftsvertrag ist zu bestimmen, ob und welche Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt sind. Abweichend von den allgemeinen Vertretungsregelungen des GmbH-Gesetzes ist jeder Gesellschafter zum Abschluss von Behandlungsverträgen für die Gesellschaft berechtigt.

 

5.6. Haftpflichtversicherung

 

Die Ärzte-GmbH muss zwingend über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügen. Besteht die Versicherung nicht oder nicht im vorgeschriebenen Umfang, haften die Gesellschafter verschuldensunabhängig in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes. Hier kommt es abweichend vom allgemeinen Trennungsprinzip bei Kapitalgesellschaften zu einem Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter.

 

6. EINBRINGUNG EINES ARZT-BETRIEBES IN EINE KAPITALGESELLSCHAFT

 

Die Einbringung stellt einen Rechtsformwechsel vom Einzelunternehmen auf eine GmbH dar. Da-bei werden die Vermögensgegenstände des Einzelunternehmens auf die Kapitalgesellschaft übertragen ohne etwaige stille Reserven (einschließlich eines Firmenwertes) steuerpflichtig zu realisieren. Um die steuerlichen Begünstigungen in Anspruch nehmen zu können, müssen zumindest bei einem der künftigen Gesellschafter der Ärzte-GmbH folgende Anwendungsvoraussetzungen gegeben sein:

  • Es muss ein schriftlicher Einbringungsvertrag abgeschlossen werden.
  • Es muss ein (Arzt-)Betrieb auf die Kapitalgesellschaft übertragen werden (sogenanntes „qualifiziertes Vermögen“).
  • Der Betrieb muss einen positiven Verkehrswert aufweisen.
  • Es muss zu einer tatsächlichen Übertragung des Vermögens auf die übernehmende Kapitalgesellschaft kommen.
  • Der Einbringende muss eine Gegenleistung für das eingebrachte Vermögen erhalten (in Form von Gesellschaftsanteilen).
  • Zum Einbringungsstichtag muss eine Bilanz des gesamten Betriebes sowie eine (steuerliche) Einbringungsbilanz des übertragenen Vermögens vorliegen.